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Kaufvertrag | Werkvertrag > > > Beim Erwerb eines neuen Bootes spricht man meist von einem Kauf. Dies – also der Kauf – liegt jedoch genau genommen gar nicht immer vor. So macht es rechtlich einen Unterschied, ob ich ein neues Boot aus einem Serienbau oder als Individualbau erwerben möchte. Während bei dem Erwerb eines bereits fertig gestellten oder eines serienmäßig noch herzustellenden Produkts (z.B. der Segler erwirbt eine Serienyacht) das Kaufvertragsrecht Anwendung findet, gilt für einen Individualbau oder eine Spezialanfertigung (z.B. der Regattasegler lässt sich eine IMOCA-Regattayacht bauen) das Werkvertragsrecht. Die rechtlichen Unterschiede beider Vertragsarten sind durchaus relevant. So besteht beim Kaufvertrag die Hauptpflicht des Verkäufers darin, dem Käufer die Sache – ein fertiges Produkt - zu übergeben und dem Käufer das Eigentum an der Sache zu verschaffen. Hingegen ist beim Werkvertrag der Hersteller verpflichtet, die bestellte Sache herzustellen; sodann ist der Käufer verpflichtet, die vom ihm bestellte und entsprechend gebaute Sache dem Hersteller abzunehmen.  Die vertragliche Hauptpflicht liegt beim Kaufvertrag in der Übergabe der Sache und beim Werkvertrag in der Herstellung der Sache. Die unterschiedlichen Zielsetzungen beider Vertragstypen wirken sich rechtlich insbesondere durch erhebliche Unterschiede bei der Mängelhaftung bzw. der Gewährleistung aus. Hinzu kommt, dass es nur beim Kaufvertragsrecht einen besonderen gesetzlichen Verbraucherschutz gibt.   
Als Faustregel für die vertragliche Einschätzung gilt hier folgendes:
Geht es darum, dem Kunden das Eigentum an einem fertigen Produkts zu verschaffen, gilt das Kaufvertragsrecht. Geht es hingegen darum, nach Kundenwunsch eine Sache erst herzustellen, gilt das Werkvertragsrecht.
Die Abgrenzung beider Vertragstypen ist teilweise schwierig. Bezogen auf die Praxis des Bootskaufs lässt sich grundsätzlich Folgendes feststellen: Wird ein Vertrag über ein bereits fertiggestelltes Boot geschlossen, (z.B. das Ausstellungsstück auf der Messe) dann gilt Kaufvertragsrecht. Wird ein Vertrag über ein erst noch herzustellendes Boot geschlossen, muss weiter unterschieden werden:
handelt es sich um ein von der Werft serienmäßig hergestelltes Boot, gilt das Kaufvertragsrecht.
wird das Boot hingegen nach den individuellen Wünschen des Kunden entworfen und gebaut (Unikat oder Sonderanfertigung), gilt das Werkvertragsrecht.
In der Praxis kommt es immer wieder zu schwierigen Abgrenzungen zwischen den beiden Vertragstypen, z.B. beim Erwerb einer Serienyacht mit individuellen Sonderwünschen in Bauweise oder Ausstattung.
Verwirrend ist hier die Praxis im Bootshandel, dem Käufer einer neuen Serienyacht keinen Kaufvertrag, sondern ein Formular zur Auftragsteilung bzw. zur Bestellung des Bootes vorzulegen. Diese Kundenbestellung ist (noch) kein Kaufvertrag, sondern dient dazu, dass der Bootshändler zunächst die Lieferbarkeit des Bootes bei der Herstellerwerft klären kann. Der Käufer erhält dann in der Regel kurze Zeit später vom Bootshändler eine Annahme- bzw. Bestätigungserklärung der Herstellerwerft. Erst mit dem Zugang dieser Annahmeerklärung beim Käufer kommt der Kaufvertrag zustande. Dieses Procedere spricht dem Anschein nach eher für einen Werkvertrag. Gleichwohl wird rechtlich ein Kaufvertrag geschlossen, da es sich um den Kauf einer noch zu bauenden Serienyacht handelt.
Tipp: Es sollte stets geprüft werden, ob die Inhalte der Annahmeerklärung mit den Inhalten der Bestellerklärung übereinstimmen. Ein Kaufvertrag kommt nämlich nur dann zustande, wenn die Parteien über alle wesentlichen Punkte einig sind. (Z.B. kann bereits eine Abweichung der Holzfarbe der Innenausstattung oder eine erhebliche Abweichung der Lieferfristangabe zur Unwirksamkeit des Vertrages führen.)   
In der Praxis kommt es zudem oft vor, dass die Bootshändler oder Werften werkvertragliche Elemente (z.B. die Abschlagszahlung) in den Kaufvertrag einbinden, z. B. um sich bei der Kaufpreiszahlung per Anzahlung und Teilzahlungen nach Bauabschnitten finanziell abzusichern
Tipp: Auch der Kunde sollte auf eine angemessene Sicherheit für sein Geld achten. Immerhin geht es oft um hohe Beträge. Für die finanzielle Absicherung beider Seiten bietet sich die Abwicklung der Kaufpreiszahlungen über ein anwaltliches Treuhandkonto an. Hierdurch können zum Schutz des Käufers die von ihm hinterlegten Beträge erst bei geprüftem Vorliegen vereinbarter Voraussetzungen zur Auszahlung frei gegeben. Im Gegenzug kann sich die Werft des Vorhandenseins des Kaufpreisbetrages sicher sein und ggf. sogar hierauf eine Bankenfinanzierung stützen.
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