Aufgegebene Schiffe in den Marinas der Welt sind ein großes Umweltproblem. Sie sind  Sondermüll - aber wohin damit?

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Der Umgang mit Joghurtbechern ist eigentlich ziemlich einfach! Man leert sie, spült sie eventuell aus und ab damit in die Gelbe Tonne oder den Gelben Sack! Handelt es sich aber um schwimmende Joghurtbecher, wie Boote aus GFK gerne mal abschätzig genannt werden, so haben wir ein Problem, denn diese sind Sondermüll, bedürfen also einer gesonderten Entsorgung und das kostet Geld. So verwundert es nicht, dass es kaum einen Yachthafen oder Marina gibt, in der nicht aufgegebene Boots- und Yachtwracks an Land oder im Hafenbecken vor sich hingammeln.
Als vor ca. 50 Jahren die moderne Spaßgesellschaft mit der Massenproduktion von Booten aus PVC und GFK begann, hat keiner darüber nachgedacht, wie lange diese Boote wirklich halten und was dann mit ihnen geschehen könnte. Die Babyboomer der 1950er- und 1960er Jahrgänge gehen derzeit in den nautischen Ruhestand. Deren Boote lassen sich aber nur schwer an die nachfolgende, eher geburtenschwache Generation weiterreichen. Sie sind zu alt, entsprechen nicht dem technische Stand der Zeit und ein Refit übersteigt oft den Wert des Bootes.
ICOMIA, der weltweit wichtigste Verband der Bootsbauwirtschaft schätzt, dass europaweit jährlich ca. 25.000 Boote abzuwracken sind. In Deutschland ist das Deponieren und die Entsorgung von GFK Booten auf einem Müllplatz seit 2005 verboten. Bei den wenigen Anbietern in Deutschland liegen die Kosten für das Abwracken eines Bootes zwischen 1000 bis 1700 Euro je Tonne. Das Vorhandensein wiederverkäuflicher Wertstoffe, wie z. B. einem Bleikiel, einem Aluminium-Mast, etc. kann die Kosten etwas mildern. Nach erfolgter Entkernung bringen Entsorger die nackten Bootsrümpfe in der Regel zur thermischen Vernichtung in eine Müllverbrennungsanlage oder als Brennstoff in eine Zementfabrik. Die GFK-Verbrennung kostet allerdings 300 bis 400 Euro pro Tonne. Ein verantwortungsloser Eigner kommt bei solchen Kosten schnell auf die verwerflichste aller Entsorgungsmethoden: Einfach absaufen lassen und mit dem Dingi ans Ufer – vielleicht noch einen Versicherungsbetrug draus basteln.
Die Hauptschwierigkeit liegt also in der Finanzierung der Entsorgung. Die Verantwortung für die Entsorgung von Waschmaschinen, Kühlschränke oder Ähnlichem liegt beim Hersteller, man kann die Dinge dort einfach zurückgeben. Boote überleben jedoch oft das Bestehen der herstellenden Werft. Gleichzeitig möchte man den Hersteller für längst vergangene Produktionsjahre nicht mehr belasten. Auch die Umlegung der Kosten auf den Verbraucher ist nach Meinung der ICOMIA falsch, denn der Käufer eines alten Bootes ist in der Regel das finanziell schwächste Glied in der Kaufkette.
In Frankreich befasst man sich schon seit vielen Jahren mit der Frage, was aus alten GFK-Booten werden soll. Der französische Verband der Wassersportwirtschaft (FIN) hat ein Recycling-Programm aufgelegt, an dessen Anfang die Eintragung in das Schiffsregister und am Ende die Entsorgung mit der Löschung des Bootes bescheinigt wird. Der Eigner muss sich nur noch um den Transport zu einem zertifizierten Entsorgen kümmern, alles Weitere ist kostenlos.
In der Masse der mit GFK erstellten Produkte stellen neben den Schiffsrümpfen auch die großen GFK-Rotorblätter von Windkraftanlagen ein immenses Problem für die Zukunft dar. Denn gerade mit der Forderung einer nachhaltigen Abfallwirtschaft, kann die Verbrennung von GFK in diesem Zusammenhang nur eine Zwischenlösung sein.
Hier ist der Gesetzgeber gefordert, dieses lange vernachlässigte Umweltproblem zukunftssicher zu regeln, ohne das sich hieraus Vorschriften und Verbote ergeben, die eine weitere positive Entwicklung der Bootsbranche ausbremsen.
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